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Die Synagoge zu Jesberg

Wenn auch Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Jesberg schon lange nachweisbar sind, erhielt die jüdische Gemeinde erst 1832 eine Synagoge. Es handelte sich um ein zweigeschossiges Fachwerkhaus. Der Betsaal hatte im Erdgeschoss 44 Plätzen für Männer, dazu 41 Plätze für Frauen auf der Empore. Neben dem Betsaal war die Schulstube; die Lehrerwohnung war über zwei Stockwerke verteilt.  Das Gebäude lag neben dem Ortsbach. Zur Zeit der Einweihung der Synagoge lebten etwa 50 jüdische Personen in Jesberg.

Bemerkenswert ist, was sich in Folge der Teilnahme des evangelischen Ortspfarrers Wilhelm Bach nach der Einweihung der Synagoge ereignete. Dieser nahm neben den ortsansässigen Lehrern an der Einweihung der Synagoge teil. Nach Abschluss des Gottesdienstes trat Wilhelm Bach selbst an das Rednerpult, um der kleinen jüdischen Gemeinde zu Ihrer Synagoge zu gratulieren und seine persönlichen Ausführungen zum Anlass zu machen. Ermutigt von dem Wohlwollen, das ihm durch die Mitglieder der jüdischen Gemeinde erbracht wurde, versprach er, vorausgesetzt es gebe keine Einwände, von Zeit zu Zeit am Sabbat einen Religionsvortrag zu halten. Sowohl der Gemeindevorsteher wie auch der Kreisrabbiner begrüßten Bachs Vorschlag. Im Anschluss daran stellte er an das kirchliche Konsistorium zu Kassel den Antrag auf Genehmigung. Das kirchliche Konsistorium selbst wollte nun hierzu seinerseits bei der kurfürstlichen Regierung die Genehmigung einholen. Dieser wurde abgelehnt. Der Bescheid des Regierungskollegiums lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig:   

„Auf das gefällige Schreiben Kurfürstlichen Konsistoriums beehren Wir uns ergebenst zu erwidern, dass wir mit der Ansicht nicht einverstanden sein können. Fühlt der Pfarrer Bach sich etwa getrieben, das Christentum unter den Juden in Jesberg zu verbreiten, und stellen sich einzelne Israeliten daselbst zur Annahme desselben empfänglich und geneigt, so steht durchaus nichts im Wege, dass dieser privatim in seiner Wohnung christlichen Religionsunterricht erteilen, oder dass solche zu dem Ende die christliche Kirche besuchen. Dagegen erscheint es mit dem Berufe eines christlichen Predigers überhaupt nicht verträglich, solche Religionsvorträge zu halten, welche des eigentümlichen Gepräges der christlichen Glaubenslehre entbehren, und können wir von solche Religionsvorträgen, welche sich nicht auf das Evangelium gründen, keinen wahren Nutzen versprechen." 

Die Zeit für den interreligiösen Dialog war damals noch nicht gekommen.

Die kleine jüdische Gemeinde erfüllte die Synagoge mit Leben.

1932 wurde ein Fest zum 100jährigen Bestehen mit dem Provinzial-Rabbiner Dr. Walter, Kassel gefeiert. Immerhin lebten ein Jahr später noch 58 jüdische Personen in Jesberg (5,3 % von insgesamt 1.096 Einwohnern). Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts (bereits am 11. März 1933 hatten SA-Leute mit einer entsprechenden Aktion zum Boykott der jüdischen Geschäfte aufgerufen), der zunehmenden Repressalien und der Entrechtung ging ihre Zahl in der Folgezeit durch Aus- und Abwanderung zurück.

In den Novemberpogromen 1938 blieb auch die Synagoge Jesberg nicht vom Sturm verschont und wurde verwüstet.

Nach 1945 kam das Gebäude 1946 an die jüdische Vermögensverwaltung JRSO und wurde von dieser nach dem Restitutionsverfahren an Privatpersonen verkauft. In der Folgezeit kam es zu mehreren Besitzerwechseln. Nach einem 1965 erfolgten Verkauf wurde es schließlich zu einem Wohnhaus umgebaut. Seit dem Umbau sind keine Spuren der ehemaligen Synagoge mehr zu erkennen.